Skip to main content

Sag mal – wie war denn Dein Jahreswechsel?

Ahoi Ihr Lieben, 

Etwas spät, aber nicht weniger herzlich, wünsche ich Euch allen von Herzen ein fröhliches neues Jahr. Hoffnungsvoll. Wieder einmal. Für Euch. Für uns. Nach diesem weiteren, bescheidenen Jahr 2021 hält sich meine Euphorie in Grenzen und meine Depression feierte über die Feiertage ein ausschweifendes Fest der emotionalen Abgestumpftheit. Ein Hoch auf Ruhe, Frieden und viele dunkle Stunden – was man am Jahresende wahrlich gebrachen kann – nicht.

Ich freute mich sehr auf die Tage der Besinnlichkeit im Kreise der Familie – wirklich, so echt, ich schwöre! Unser Tannenbaum stand überpünktlich, auch wenn die Dekoration erst am 23.12 ihren Weg an den Baum fand (Klassiker), ich hatte reichlich Feuerholz reingeschleppt (da bekam ich Schleppärger) und mein Mann wurde mit meinem ausufernden Vorbereitungswahn fast in den Wahnsinn getrieben (Ups). Viel hatte ich mir für „die freien Tage“ vorgenommen, die Motivation war hoch: hatte übervolle Festplatten zum „endlich mal sortieren“ mit nach Hause gebracht, Kalender welche ich mit allen „Sommerterminen“ und Abläufen füllen wollte, einige großartige Bücher (laut Presse und persönlichen Empfehlungen) wollten gelesen und auf dem Sofa, mit Kind, ausgiebig bei Disneyfilmen, gekuschelt werden. Letzteres haben wir dann intensiv praktiziert, alles andere blieb liegen, da mir einfach der Antrieb, die Motivation fehlte.

Ich habe mich eingeschlossen, wollte niemanden sehen – außer den Anwesenden. Zu viele Gedanken, zu viele Fragen, zu viel Unsicherheit und Angst, dass ein weiteres Jahr ohne Störtebeker vergehen würde. Ohne unser „altes Leben“ und die Erkenntnis wog schwer, dass es eben nie wieder so sein wird, wie es einmal war. Da half das beschnurrend, beschwichtigende Mantra unserer beiden felligen Mitbewohner recht wenig. 

Welche Wohltat war es wieder zur Arbeit zu fahren, wie unglaublich herrlich endlich wieder Baulärm von der Bühne zu hören, unsere Männer begrüssen zu dürfen. Viele hatte ich leider fast zwei Jahre nicht gesehen. Es ist wie aus einem anderen Leben, einer anderen Zeit – und ich mag der aufkeimenden Freude noch nicht so richtig trauen. Aber – die dunklen Wolken heben sich, langsam, stetig. Mal wieder. Dieses wundervolle Gefühl von Bewegung, Vorbereitung, ein Vorwärts. Dieser „Duft“ von Theater, der wieder greifbar zu sein scheint – und dennoch durch all das was gerade wieder einmal passiert, auf uns zu rollt – Omikron, Flurona, die Warnung vor der 5. Welle, obwohl die 4. noch nicht so richtig bei uns angekommen ist – wieder von uns weg zu driften droht. Manchmal weiss ich einfach nicht mehr was ich fühlen, geschweige denn denken, soll.

Die Bühne braucht etwas (viel) Liebe.

Die UV Strahlung, der Frost und Stürme haben in den letzten zwei Jahren doch intensiver an allen Ecken gezerrt. Überall lässt sich antikes Laub finden, die Verkleidung und Farbe ist reichlich abgeblättert. Die Arbeiten am 3. Bühnenbild konnten nun endlich begonnen werden, es wird viel geschweisst, ein wahrer Spezialbau, welchen wir bisher immer verschoben haben – 2 Jahre, um genau zu sein (war klar, oder?!). So lange musste bei uns noch nie ein Bühnenbild „durchhalten“, um einmal Premiere und eine Spielsaison erleben zu dürfen. 

Unsere Männer sind voller Tatendrang und packen an, auch wenn wir weniger sind. Auch die Zuschauerreihen brauchen eine intensive Entmoosung und viele Bohlen müssen ausgewechselt werden. Da ist doch so einiges morsch geworden. Auch gehen wir auf Mitstreiter*innen Suche – wir brauchen im Sommer wieder tatkräftige Unterstützung, als Kleindarsteller*in oder Reiter*in, Popcornverpacker*in oder Bratwurstdrehprofi, in der „Störti Butik“ als Kapuzenpulloverpräsentierer*in oder Programmheft–an–den–Zuschauer–bringer*in und auch unser Restaurant „Zum Störti“ braucht tatkräftige Mitarbeiter*innen, genau wie unser neuestes Baby das „Michels“ (da in Kürze mehr). Bewerbungen gerne an casting@stoertebeker.de – denn viele treue Seelen haben während Corona ihr Leben auf den Kopf gestellt oder haben gar den Landkreis verlassen, ein Studium begonnen oder Kinder bekommen. Viel Veränderung also auch hier. Dennoch hoffen wir auf viele „alte“, bekannte Gesichter. Ein bisschen Heim kommen und mit „dem Bekannten“ kuscheln, gemeinsam eine Saison bestreiten – wie damals – wäre eine warme Wohltat. 

Und seit Euch sicher! Diesmal werden wir kämpfen!

Wir werden so richtig vorbereiten, alles an den Start bringen und hoffen, dass Fortuna uns diesmal allen hold sein wird. Wir endlich wieder „Gottes Freund und aller Welt Feind“ vom Bühnensand Richtung Publikum schmettern, Klaus Störtebeker aus dem Nebel der Geschichte empor steigen und für einen Wimpernschlag der Geschichte das pralle Leben nach Ralswiek zurückkehren darf, für einen vollen, wunderbaren Sommer 2022, mit Lachen, Ausgelassenheit und Freude, dem Genuss des Augenblicks, vielen Emotionen und unvergesslichen Momenten in Ralswiek.

In den Kartenvorverkauf starten wir dennoch nicht. Wir möchten niemanden, schon wieder, enttäuschen. Nicht wieder Karten zurücknehmen oder umtauschen müssen – und ja – auch uns würde es immens schwer fallen mit der erneuten Enttäuschung und dem damit einhergehendem Frust, umzugehen – die Haut ist dünn geworden, da muss erst wieder Pelz wachsen. Dementsprechend warten wir ab, wie sich alles entwickelt und welche Auflagen für uns speziell, wie im September 2021 versprochen, gelten werden. Hygienekonzept und Unterstützung vom Gesundheitsamt sind schon mal sicher, nur die Bundes– und Landesregierung muss sich regen, dann kann es los gehen. Und da ist sie wieder – die Hoffnung und Sehnsucht.

Aber – wer will sich denn bei diesen Zahlen und, wieder einmal, ungewissen Glaskugelmomenten zu Versprechungen hinreissen lassen. Also warten wir – noch immer geduldig – nur diesmal werden wir bereit sein, wenn der spontane Startschuss ertönt und wieder alles Knall auf Fall öffnen darf, denn wir sind uns sicher – der Sommer kommt, mit Saison. Wie merkwürdig war es die letzten zwei Sommer über an der Seitenlinie zu sitzen und den anderen beim Spielen zu schauen zu müssen, während man so heiss darauf ist mitmischen zu dürfen. 

Somit bleibt mir nur noch, Euch um Geduld und weiterhin Verständnis zu bitten. Die dunklen Gedanken zu vertreiben und die Hoffnung einfach uneuphorisch zu erhalten, bis die Stimme meiner Mama mit „Meine Damen und Herren, lieben Kinder, dass Ensemble der Störtebeker Festspiele begrüsst Sie ganz herzlich auf der Naturbühne Ralswiek“ in ein neues Abenteuer entführen darf.

Oh, welch´ ein schöner Traum – 

Eure hoffnungsvollste Piratentochter, Anna

P.S. Und wenn alles wieder anders kommen sollte (man muss ja realistisch sein und sich auf alles gefasst machen, was auch unfassbar ist), dann lasst Euch gesagt sein – Unsere Wurzeln reichen tief, sehr tief, in das ralswieker Erdreich und so einfach bekommt man uns nicht weg. Das kann ich Euch versprechen, da muss auch keiner Unkenrufe verlauten lassen – Wir sind hier! Wir werden bleiben! Auch das schaffen wir!