Dafür gab es sehr viele Gründe.
Zum Einen hat mich die narzisstische Selbstdarstellung auf Instagram & Co. schon länger masslos aufgeregt. Alles immer perfekt. Alles immer so hübsch, schön, toll, perfekt – und somit völlig unrealistisch. Es hat mich genervt mich selbst immer wieder daran erinnern zu müssen, dass das so nicht sein kann, dass das ein Foto, eine Momentaufnahme und nicht die Realität ist. Dass wir einen Einblick bei Leuten erhaschen, aber eben nicht das gesamte Spektrum deren Lebens. So ist es ja auch bei mir.
Unterschwellig hatte sich dadurch Druck bei mir aufgebaut – eine bestimmte Art oder Laune präsentieren zu „müssen“, einer Erwartungshaltung zu entsprechen, welche ich nicht kannte. Wie ich aussehe wurde auf einmal sehr wichtig, man sollte nicht sehen, dass ich traurig oder müde war, dass mich die derzeitige Situation mitnimmt – überhaupt über „C“ zu sprechen wurde zu einem Akt, denn, egal was ich sagte oder wie, man konnte immer einhaken und dies auf die eine oder andere Weise kritisieren. So langsam wusste ich nicht nicht mehr was ich wie sagen soll oder kann und wie ich mich geben darf. Ich war ich – und das hatte mir sehr lange gereicht, aber anderen „gerecht zu werden“, im virtuellen Raum, nahm mir Freude und Sorglosigkeit für mein „echtes“ Leben.
Des Weiteren hat mich das beständige bewerben von Dingen – auch auf „privaten“ Profilen, die eigentlich noch eine Firmenseite auf Instagram haben – extrem genervt. Das vermischen von privat und beruflich kann gerne sein, bei mir ist es ja auch die Arbeit auf die ich Euch mitnehme. ABER ich versuche nicht dauernd Produkte ins Bild zu halten und „kauft Kinder, kauft“ zu suggerieren, dafür gibt es ja dann „unsere“ Unternehmensseiten. Natürlich kann ich das auch gerade nicht, aber vor allem möchte ich es nicht, schliesslich habt Ihr nicht HSE24 eingeschaltet, sondern „was macht Anna eigentlich“ und „was ist bei Störti los“. Und nein – ich neide da niemandem etwas. Ob das der Schmuck von Purelei oder die Kerzen von Ava May oder was auch immer ist – ich weiss, dass das Arbeit ist und viele davon leben und die Einnahmen brauchen. Es ist ein Job und die Vorgaben der kooperierenden Firmen müssen erfüllt werden, es gilt ja schliesslich einen Vertrag zu erfüllen. Dennoch – wenn einige Profile dann so tun, als ob die keine Werbung machen, nervt es, denn es ist so unglaublich offensichtlich, dass sie es tun. Warum kann man dann nicht ehrlich sein? Warum bewirbt man Produkte von Freunden und sagt nicht, dass das Produkte von Freunden sind oder sogar Firmen bei denen man Anteile hält … Schade, Schokolade.
Natürlich wäre es ein leichtes nicht mehr zu abonnieren, aber ich folge diesen Personen nicht ohne Grund … somit überspringe ich das alles, bis das Interessante weiter geht, aber nerven tut es mich trotzdem. Basta.
Verstörend war dann aber etwas anderes –
Menschen, in meinem Umkreis, Bekannte, die andere Menschen öffentlich diskriminierten. Einfach so. Sich herausnahmen zu be- und verurteilen. Es ging um sexuelle Orientierung, welchem Geschlecht man sich zugehörig fühlt – und das Outing einer „berühmten Persönlichkeit“, welche sich nicht mehr als weiblich ansieht, sondern als nichtbinär. Dies war der Trigger sich auszulassen. Der Versuch einer Diskussion, Argumentation mit dem „Beschwerer“ wurde mittendrin einfach gelöscht. Kam man zu einem Konsens – nein – einem guten Austausch – nein – und gab es ein Learning – ich denke nicht.
Warum stört es, dass Andere glücklich sind – wie sie und wer sie sind, wie sie sich definieren und eben den Menschen lieben, den sie nunmal lieben?! Was ist das Problem? Tut Liebe weh?
Das man heute „sich selbst sein“ kann, war und ist ein enormer und unfairer Kampf über Jahrzehnte, Jahrhunderte – Liebe ist Liebe – und jedes Wesen hat Liebe und Glück in seiner reinsten Form verdient. Das Einzige was Umstehende tun sollten ist, dies zu respektieren und das bigotte Getue sein zu lassen. Oder ist man neidisch auf das was andere Menschen haben? Neidisch darauf, dass sie sich trauen so zu sein, wie sie eben sind? Will da jemand genau die gleiche Freiheit haben? Dann lebe sie doch einfach! Wer hält Dich davon ab?
Ich habe das Glück viele Menschen – Freunde, Bekannte, Verwandte – welche schwul, lesbisch, trans, hetero, asexual oder nicht binär sind, zu meinem Lebenskreis zählen zu dürfen. Keinen davon möchte ich missen! Nicht eine Sekunde! Und ich freue mich für jeden einzelnen Menschen in meinem Leben, wenn er Glück und Liebe erfahren kann und sie lebt. Welch´ herrliches Geschenk!
Ein weiterer Höhepunkt kaum ein paar Tage später, als, vom gleichen Menschen, öffentlich verurteilt wurde, dass Frauen noch immer „abtreiben“ dürften (und männliche Hühnerküken zu töten ja nun nicht mehr ginge) und warum Frauen dies nicht untersagt wird. Und ja – beide Themen, beide Aufreger kamen von einem Mann, welcher meint auch Christ zu sein. Seine Verhaltensweise schliesst das jedoch für mich aus. Was masst sich ein Mann an anzuprangern, woher eine Frau das Recht nimmt, selbst zu entscheiden was mit ihrem Körper geschieht?! Für mich unglaublich und an Impertinenz einfach nicht zu überbieten. Mein Körper, meine Entscheidung.
Es ist in Deutschland nicht gerade einfach eine Abtreibung durchführen zu lassen. Es gibt einige Hürden zu nehmen. Des Weiteren kenne ich keine einzige Frau, die sich diese Entscheidung „leicht“ gemacht hat. Und als Ergänzung: es waren ganz oft die Männer, welche ihre Partnerinnen zu dieser Entscheidung gedrängt haben oder sie einfach im Stich liessen – und die Frauen sind es, die mit dieser Entscheidung und den Konsequenzen leben müssen. Und ja – es gibt Ausnahmen. Wie eigentlich immer und überall. Aber warum fängt man an über etwas zu urteilen, was man als „Mann“ nicht beurteilen kann und dieser wahrscheinlich noch nicht selbst erlebt hat. Und – was gehen mich die Entscheidungen anderer Menschen an? Genau – nichts. Warum will ich anderen Menschen Regeln aufoktroyieren, „Recht“ definieren – wir leben in einer Demokratie, wir entscheiden nicht alleine, sondern gemeinsam – und hey, mir passt auch nicht alles, aber damit muss ich und vor allem kann ich, sehr gut leben!
Natürlich könnte ich diese Person einfach aus der Liste meiner Bekannten streichen. Weg. Dann muss ich mich mit diesen Äusserungen nicht mehr beschäftigen. Aber ist das nicht zu leicht? Nur weil ich es dann nicht mehr sehe, somit nichts davon lese, heisst es ja nicht, dass es nicht mehr da ist. Dann erschaffe ich mir doch mein persönliches Utopia. Ist es nicht wichtig diesen Gedanken etwas entgegen zu setzen und selber darüber zu reflektieren? Am Ende sind es doch genau diese Auseinandersetzungen, die Dich wachsen lassen. Darüber nachdenken – eine eigene Meinung bilden – darüber sprechen … aus meiner Sicht ein Muss.
Es ist doch nicht anderes bei Rassismus. Nur weil ich ihn nicht sehe, bedeutet es nicht, dass es ihn nicht gibt. Nur weil ich nicht betroffen bin, bedeutet dies nicht, dass es doch „nicht so schlimm sein kann“ und eine „kleine Minderheit“ (*räusper*) sich künstlich aufgeregt und überreagiert. Nur weil ich weg sehe, geht Rassismus und Diskriminierung nicht weg. Nein, er existiert. Mit und durch uns. Bewusst oder unbewusst. Er ist da, es gibt ihn, nur manche von uns leben eben so „privilegiert“ und fühlen die Ungleichheit und Ungerechtigkeit eben nicht auf gleiche Art und Weise wie andere. Somit – raus aus dem Schneckenhaus, mit offnen Augen und Ohren durch die Welt und den eigenen Mikrokosmos laufen.
Als ich verprügelt und bespuckt wurde, weil mein Haar zu braun, mein Aussehen zu anders und ich auch noch zu dick war – hat niemand geholfen. Als man mich als „Hure eines Ausländers“ beschimpfte, als ich mit meinem Mann zusammen kam – hat mich niemand verteidigt. Wie muss es da so unendlich vielen anderen Menschen gehen? Und warum macht uns wen wir lieben, unsere Hautfarbe, körperliche „Perfektion“ oder Herkunft so verschieden? Wir sind alle Menschen, leben gemeinsam auf diesem einen Planeten, der uns momentan zur Verfügung steht. Warum stört es irgendjemandem, wie jemand aussieht? Wen er liebt? Welche Kleidung er trägt? Oder welche Religion er lebt? Weil wir sie nicht kennen?! Sie nicht verstehen? Uns das „Unbekannte“ Angst macht?!
Lernt. Öffnet Euch – hört zu – versteht und begreift. Tut es weh zu zu hören? Kann man die Ansichten eines anderen Menschen nicht respektieren oder zu mindestens versuchen zu verstehen? Sich auszutauschen – statt zu verurteilen!?
Leben und leben lassen!
Und ja – bei Religion öffne ich die Büxe der Pandora. Die Geschichte der Menschheit hat gezeigt, dass der Glauben, wo er doch so viele vereinigt, auch unendlich viele einfach spaltet und in der Konsequenz zu Kriegen, Massenmorden und Leid geführt hat. Fanatismus war nie gut oder richtig, aber er ist unter uns. Warum befeuern wir ihn dann und hören nicht einfach auf uns in die Gepflogenheiten anderer Kulturkreise einzumischen, die wir einfach nicht verstehen. So lange wir uns damit nicht ausreichend beschäftigt oder so gar gelebt haben, sollten wir uns nicht anmassen „einzugreifen“ und zu verurteilen. Die Gesellschaft in der Du lebst, ist eine andere … reflektiere, woher jemand kommt und habe Verständnis und Geduld. Füreinander. Miteinander.
Ich schätze mich glücklich in Deutschland zu leben, die (fast) gleichen Rechte wie Männer zu besitzen, studieren und lernen zu dürfen, dass an Kleidung tragen zu können was mir gefällt, alle Freiheiten zu besitzen selbstbestimmt zu Leben – ohne Angst. Ich darf den Beruf ausüben, den ich mir aussuche, mein Verdienst, kommt auf mein Konto, welches ich selbst verwalte und darüber bestimme. Natürlich gibt es auch hier, in dieser Gesellschaft, noch unglaublich viel zu tun – Care Arbeit – Elterndiskriminierung – und eben die beiden oben genannten – Rassismus und Diskriminierung. Es ist schade, dass wir uns im Laufe der Geschichte so grandios entwickelt und dann doch enorme Rückschritte gemacht haben, die zu dieser „halbgaren“ Situation führen. Es ist Vieles sehr gut, aber eben lange noch nicht für alle – UND – wir können es noch so viel besser machen.
Plötzlich und ohne das es jemand hätte kommen sehen können, verstarb der Lebensgefährte einer lieben Freundin von mir – einfach so und nein, nicht an oder mit Corona. Der Schmerz, der meine Freundin und ihre Familie heimsuchte, war bodenlos. Warum er? Warum jetzt? Warum so? Warum … Es gab und gibt keine Antwort, keine Begründung, keine Erklärung, nichts was den Schmerz lindern könnte. Nur die Zeit wird etwas Heilung bringen, die Liebe in der Familie, dennoch wird da von nun an immer eine Lücke sein und die Frage: Wie wäre es nun mit ihm? Was wäre wenn …
Mit haben all diese Ereignisse gezeigt, dass, egal was in meinem Leben passiert, ich es einfach nicht planen kann, so sehr ich das auch will. Dass, egal wie sehr ich es mir wünsche und egal wie hart ich daran arbeite, es auch immer auf die äusseren Umstände ankommt, auf die ich nur passiv oder überhaupt keinen Einfluss habe. Und – dass nichts „Perfekt“ ist oder für immer.
Ich muss lernen zu akzeptieren, dass nicht immer alles nach Plan läuft.
Aber ich werde daran arbeiten mehr innere Ruhe zu bewahren, weiter zu machen und Lösungen zu finden – und ich möchte mir meine Lebensfreude, Offenheit und Menschenliebe nicht nehmen lassen. „C“ hat mein Leben, wie ich es kannte, gehörig auf den Kopf gestellt. Hat mir gezeigt, dass nichts sicher ist und dass man für alle Eventualitäten eine gewisse Flexibilität benötigt, die Fähigkeit umzudenken, neu zu denken und Dinge auch neu zu bewerten. „C“ und der dadurch entstandene Druck, haben Freundschaften auf die Probe gestellt, viele beendet und neu definiert. Mein Kreis ist kleiner geworden, aber vielleicht auch irgendwie besser.
Ich habe beschlossen weiterhin offen zu sein, mich nicht vereinnahmen zu lassen, aber auch vorsichtiger zu werden, wem ich meine Lebenszeit schenke und stärker an meinen Träumen und Wünschen zu arbeiten. Ich weiss, dass wenn ich fleissig und geduldig bin, meine Ziele näher kommen kann. Ausserdem wünsche ich mir Zeit für meine Familie und mich und diese werde ich bewusster geniessen, dankbar sein, für das was wir jetzt haben und nicht wehmütig zurückblicken. Heute mit meiner Tochter spielen und extra lange kuscheln, denn was morgen ist, dass weiss ich nicht.
Wir befinden uns im Wandel, auf gerade sehr vielen Ebenen und wir alle müssen uns den Herausforderungen die auf uns zu kommen, in denen wir uns schon befinden, stellen. Lasst uns offen sein, aus vollem Herzen leben, lieben, lachen und tatsächlich, echt, so richtig gemeinsam, die Zukunft definieren – ohne Hass und Ausgrenzung, sondern mit Respekt und Freundschaft, Geduld und Ausdauer.
Wie wäre es, wenn wir uns kennenlernen würden, versuchen würden uns gegenseitig zu verstehen – und eben mehr „ Realität“ und weniger „Schein“ in unser Leben via Instagram, FB und Co. Hinein lassen. Wäre das nicht der Beginn von etwas wunderbaren?