Ja, das bin ich. Mit allen Höhen und Tiefen. Mit wirklich allem Drum und Dran. Dennoch gibt es da so manche Tage, die mich verzweifeln lassen. Tage, die mir Angst machen. Tage, an denen ich ohnmächtig bin. Nicht wegen meiner Tochter!
Manche Mamas machen mir das Leben wirklich schwer.
Es gibt sie, die Gruppen und Foren, auf denen man sich geheim oder öffentlich Rat, Tat und Austausch holen kann – aber am Ende, ja am Ende wird dieser unschuldige Versuch, sich auszutauschen, unter Gleichgesinnten, Teammitgliedern, herb bestraft.
Mombashing. Verurteilungen.
Es wird mit aller Härte gerichtet. Was Mütter sich untereinander antun, sprengt die Grenze dessen, was ich mir je vorstellen konnte. Ich hatte auf eine Schwesternschaft, auf einen Bund gehofft, Zusammenhalt, Frauen für Frauen, Female Empowerment, aber nichts da.
Steht nicht jeden Tag das frisch gekochte, perfekt ausgewogene Mittagessen auf dem Tisch – Rabenmutter. Zieht man das Kind nicht wetterperfekt an –
Rabenmutter. Hat man Streit mit seinem Mann vor dem Kind – Rabenmutter. Ist die Sonnencreme etwa von Nivea und nicht ökozertifiziert – Rabenmutter. Dein Kind geht nicht pünktlich um 19 Uhr ins Bett – Rabenmutter. Das Kind kann noch nicht mit dem Laufrad die Gegend unsicher machen – Rabenmutter.
Nur so ganz nebenbei – Raben sind ganz vorzügliche Mütter – so rein aus der Biologie und der Natur gegriffen. So wird man auch noch falsch beschimpft. Man meint was Böses und sagt was Gutes. Auch merkwürdig. Die armen Rabenmamas … Die Liste ist unendlich lang und am Ende steht eigentlich immer eine Sache fest: Man ist eine schlimme, sogar schlechte Mutter.
Mit der Schwangerschaft, spätestens zur Geburt des eigenen Kindes bekommt man unaufgefordert eine Clubmitgliedschaft in einer Gemeinschaft, dessen Bedeutung und Ausmaß für Noch-nicht-Mamas gar nicht ersichtlich ist. Während der Schwangerschaft hat man sich schon verrückt gemacht: die richtige Ernährung, Vitamine, Bewegung, Vorbereitung … Ich jedenfalls habe alles mir Mögliche und Logische dazu beigetragen, um schließlich das Gefühl zu haben: mein Kind bekommt alles von mir, was es für ein gesundes Wachstum und Leben braucht. Aber „die anderen“ Mütter (mit Kindern) und auch im allgemeinen – Frauen, haben mich wahnsinnig gemacht.
Vor der Geburt
Wie lange willst Du denn noch tragen? Das muss mal langsam raus!
Denk immer daran, nur stillen ist das Wahre!
Du stillst!
Wie Du isst Mett in der Schwangerschaft – wie verantwortungslos von Dir!
(Anmerkung: ich hatte Toxoplasmose. Es bestand somit keine Gefahr.)
Also ein Mann hat bei der Geburt nichts zu suchen, Deiner darf nicht dabei sein!
Warum hast du keine Hebamme? Du MUSST eine Hebamme haben!
Wie Du hast keine Hebamme – wie verantwortungslos von Dir!
Keine Diskussion – Du stillst – Du willst ihr doch keine Plastikmilch geben!
Man stillt mindestens 3 Jahre! Ein Jahr voll und 2 Jahre nach Bedarf!
Auf der Station
Ach, da wollen wir mal schauen wie sie sich anstellen.
Sie brauchen keine Schmerzmittel, dass haben andere auch ohne geschafft.
Wollen wir dann heute noch fertig werden?!
Das war keine schwere Geburt.
Nach der Geburt
Natürlich ernährst Du sie breifrei!
Was Du nimmst Pampers? Die Windeln von Lillydoo sind viel besser!
Oh Gott. Du nimmst keine Stoffwindeln? Wie kannst Du das mit Deinem Co2 Abdruck nur vereinbaren?
Also wir machen Schlaftraining – Du musst loslassen, sie schreien lassen – Du verwöhnst sie nur!
Haben sich völlig Fremde in den Kinderwagen gebeugt und unser Kind begutachtet, meist umgehend und leicht angeekelt auf den Storchenbiss in der Augenlidfalte unserer Tochter angesprochen. „Iihhhh, geht das auch wieder weg?
Du musst sie trainieren beim Stillen – linke Brust max 20min, wickeln, rechte Brust max. 20min, dann wickeln – alles andere ist verwöhnen.
Na die Saugwirrung hat sie nur wegen deiner Nachlässigkeit bekommen.
Du musst den Bauchnabel einölen.
Nein, der Bauchnabel heilt besser mit Puder.
Du musst den Raum komplett abdunkeln.
Du musst jeden Tag mindestes 2x á 1 Stunde an die frische Luft mit der Kleinen.
Ach, stell´ die Kleine bloss auf die Terrasse, da hat sie frische Luft, das reicht.
Du darfst ihre keine PreMilch geben!
Wie Du pumpst ab?! Warum?!
Du kochst doch wohl selber den Brei – der Industriekram ist unverantwortlich.
Nestle böse!!! Alete böse!!!! Pampers böse!!!
Penaten nimmt man nicht mehr! Also echt!
Oh, du hast keinen Bugaboo?!
Oh, sie trägt kein Sachen von HessNatur?
Oh, du hast keine Wickeltasche von Lässig oder Kaptn & Son?
Oh, du arbeitest schon wieder?
Du musst das Wochenbett zelebrieren! Du musst! So wichtig!
Du musst sie tragen! Aber nur mit einer Ergobaby – nicht einer Babybjörn.
Oh Gott, sie hat einen Schnuller?! Naja, da freut sich der Zahnarzt!
Du musst sie puken!
Oh Gott, Du hast eine Decke im Bett – sie muss einen Schlafsack haben.
Denk daran – der plötzliche Kindstod, heisst nicht umsonst so.
Heilwolle! Du brauchst unbedingt Heilwolle. Also ohne wird der Hintern deines Kindes niemals gesund bleiben!
Reaktionen auf ihren Namen
Unsere Tochter heißt : Charlie
Und diesen „Umstand“ entstand folgende Situation:
Wie heißt sie denn?!
Charlie.
Ah, süss. Aber wie heisst sie denn richtig?
Charlie
Jaja, aber ihr voller Name?
Charlie.
Nein! Heisst sie Charlotte oder Charlene?
Nein, einfach Charlie.
Das ist doch kein vernünftiger Name!
Für uns schon!
Dass kann doch nicht Euer ernst sein?!
Danke, doch!
Es gab tausend Ratschläge – alle ungefragt und unerwünscht.
Alle meinten es bestimmt gut, aber sie haben mich nur unruhig gemacht. Witzigerweise hat aber keine dieser Frauen über die Geburt gesprochen – also so richtig. Die Geburt wird als rosa gepufftes Einhorn-Traumland dauerbeschworen, in Zuckerwatte eingeduselt und in einem cremefarbenen Instapost serviert. Die Realität sieht oder sah zumindest bei mir anders aus. Versteht mich nicht falsch – es war lebensverändernd, einschneidend und eigentlich das „Krasseste“, was mir bisher passiert ist, und, yeah!, es war großartig, da unsere Tochter auf die Welt kam und wir sie endlich „sehen“ konnten. Aber da gab es eben noch die andere Seite neben dem Regenbogen-Puffer in Karamellduft, nämlich die Realität, mit Schmerzen, Blut und Nachwehen. Alles total machbar, doch es wäre nett gewesen, wenn man sich darüber auch ausgetauscht hätte. Aber nein. Der Lieblingssatz war immer: Wenn du sie dann in den Armen hältst, sind alle Schmerzen vergessen. Sorry, das waren sie nicht.
Ich liebe es, Mama zu sein, und ich denke, dass ich die perfekte Mama für mein Kind bin. Sie ist ja auch ein Teil von mir. Genetisch hat sie so einiges von mir abbekommen und noch ganz viele andere wundervolle Dinge und Eigenarten von ihrem Papa. So insgesamt haben wir es geschafft, dass wir als Paar, Eltern wurden. Wer das von außen kritisieren möchte, nur zu! Hoffentlich habt ihr eigene Kinder, damit ihr wisst, wovon ihr redet und was ihr kritisiert. Bzw. Kann man nicht einfach in seiner eigenen Suppe rühren und andere ihr „Ding“ machen lassen?
Witzig sind dabei dieser Druck und das Streben nach Perfektion. Der ständige Vergleich. Warum? Warum machen wir uns untereinander solch einen Druck, warum sind wir so unfreundlich und unerbittlich miteinander. Warum haben wir kein Verständnis, warum keine Solidarität? Warum muss man immer Fehler finden?! Ja, dann gibt es eben mal eine Hühnersuppe aus der Tüte – na und?! Das Schnitzel ist eben angebrannt und es gibt leider gerade keinen besseren Backup Plan. Ja, dann hat das Kind mal schmutzige Fingernägel – warst du beim Kampf ums Nägelschneiden dabei?!
Und auch gerade jetzt wieder: Wer sein Kind in die Kita bringt, bzw. anscheinend bringen darf, kann oder muss – was schert es mich, wo geht es mich etwas an. Die Kitaleitung hat das mit den Eltern zu vereinbaren, warum haben Aussenstehende, die weder die Lebensumstände der Familie mit ihren Sorge, Nöten noch mit ihren Verpflichtungen und Druck kennt, eine Meinung oder hetzen im Internet? Oder warum, trauen sich die meisten nicht mal direkt die Eltern zu fragen? Dafür fehlt aber dann wahrscheinlich der Mut, im Netz lässt es sich ja so schön distanziert „verurteilen“. Da ist es warm und gemütlich. Wer im Glashaus sitzt, sollte, meiner Meinung nach, nicht mit Steinen werfen – und, hey!, wenn man was Negatives finden will, dann tut man das sowieso. Mir jedenfalls ist das zu anstrengend.
Ich liebe es, Mama zu sein, aber auf die abschätzigen Blicke meiner Mitmütter würde ich liebend gerne verzichten. Meine Welt ist voller Regenbögen, Einhörner und Eiscreme, voller Badespaß und glücklichem Lachen, voller Gequassel und wilden Pippi-Langstrumpf-Tagen und Elsa-Frisuren. Jedes Lachen ist eine Belohnung, jedes neue Wort ein Gewinn und jeder Tag ein neues Abenteuer.
Danke, mein kleiner Schatz, dass du mich vergessen lässt, wie doof „die Anderen“ manchmal sind, denn es kommt nur auf uns an. Es wäre einfach nur cool, wenn die „anderen“ Mamas mitmachen würden – welch´ ein Spaß und Freude wäre das! Kein Mombashing, sondern Schwesternschaft! Freundinnen im Geiste – denn wenn eine Sache ganz sicher ist – wir alle sind irgendwann, während unserer „Mutterschaft“ müde und genervt, haben Momente der Angst mit oder um unsere Kinder. Schwestern im Geiste, was wäre das fein. Verständnis und Geduld! Miteinander.
Hoffentlich keine Utopie! Wohl leider doch.