Wisst Ihr, die Tage sind lang. Zu lang. Sie sind endlos lang. Und – sie werden schwer. Schwerer als ich es mir je hätte erträumen lassen. Meine Gedanken provozieren diesen Zustand. Depression? Wäre doch nett, dann hätte ich eine Ausrede, eine Erklärung für meinen Schwermut. Heute mehr denn je, mehr als im Juni 2020, mehr als an Weihnachten, mehr als es mir mein Kopf je gestattet hätte, verstehe ich die Welt, nein die Bürokratie, nicht mehr, bin schwer, übersatt und einfach nur enttäuscht von all den leeren Versprechungen, den massiven Baumstämmen und Findlingen, die uns in den Weg gerollt werden. Schnelle und unbürokratische Hilfe – dass ich nicht lache.
Das Einzige was funktioniert ist – „Kurzarbeit“ – wirklich ein Alptraum.
Denn auch diese Hilfe ist nur vermeintlich und liefert so einige Tücken und ungeklärte Fragen, die zu grossen Herausforderung werden, da man sie einfach nicht beantwortet bekommt. Niemand wies irgendwas, niemand fühlt sich zuständig, niemand gibt Dir irgendetwas schriftlich und jeder weiss es „anders“ und dann noch nicht einmal richtig.
Alles was die letzten Monate passiert ist, hat mit unbürokratisch herzlich wenig zu tun. So viele Menschen in unserem Umfeld wissen nicht, was sie ihren Kindern zu essen geben sollen, wie sie denn Schuldenberg an Miete jemals wieder abbezahlt bekommen – und haben schlicht Angst vor der Zukunft – wann kommt denn die versprochene schnelle Hilfe? Pläne macht dieser Tage niemand, denn es geht rein ums überleben. Menschen dieses Landes, welches sich als Land der Dichter und Denker, der Philosophen und Literaten, der Sänger und Darsteller rühmt, dessen Kunst und Kultur weltweit hochgeachtet wird, seines Gleichen sucht; brauchen JETZT Hilfe und Unterstützung. Deutschland, als freier, demokratischer, sozialer Staat, darf seine Künstler nicht vergessen. Denn „Jeder Augenblick ist von unendlichem Wert.“ Kultur, ob privat oder staatlich, ist lebensnotwendiger Teil unseres sozialen Lebens.
In guten Zeiten hat man sich mit uns geschmückt, sich an uns erfreut und die Diversität, den Reichtum und die Abwechslung dieser, in unserem Land hoch gelobt. Und nun – sind wir allein. Niemand steht hinter uns, niemand reicht uns eine helfende Hand. Niemand fühlt sich für uns verantwortlich. Weder, wie wir unsere Häuser und Spielstätten, in denen wir Kultur bieten, aufrecht erhalten, noch wie wir unsere Mitarbeiter versorgen oder unseren Lebensunterhalt bestreiten können. Man schaut weg und hat uns nun viele Monate um Verständnis gebeten. Und ja, wir haben, noch immer, Verständnis und ja, wir haben Geduld und ja, wir verstehen nur all zu gut und nein, wir sind nicht egoistisch und nein, wir verschließen unsere Augen nicht vor der Realität. Aber Gleichwohl – wir waren die Ersten welche ihre Tore für das Wohlergehen aller geschlossen haben und wir werden die Letzten sein, die im vollen Umfang ihrer Berufung wieder nachgehen können werden.
Die Störtebeker Festspiele sind das größte und vielleicht schönste private Theater Deutschlands. Ein Familienunternehmen und feste Größe auf der wunderschönen Insel Rügen. Seit 1993 haben wir über 8 Millionen Besucher bei uns begrüßen dürfen, das bedeutet: über 350.000 Besucher an nur 67 Spieltagen im Sommer, auf 8.802 Sitzplätzen am „Großen Jasmunder Bodden“. 150 Kleindarsteller*innen, 12 Schauspieler*innen, 10 Reiter*innen, 8 Stuntmen, 30 Pferde, 4 Schiffe und ein Adler – sorgen mit einer guten Geschichte, einem beeindruckendem Bühnenbild, opulenten Kostümen, allerhand Pyrotechnik, für reichlich Action, Spannung, Liebe und Kurzweil. Des Wir sind ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor für unsere Region und über die Grenzen des Bundeslandes MV bekannt. Wir stehen für Qualität, Beständigkeit und Erfolg – und das aus eigener Kraft.
Bisher waren wir auf Hilfe von Außen nicht angewiesen. Doch nun sind unserer Mitarbeiter alle in Kurzarbeit, fast 400 saisonale Kräfte hatten letztes Jahr bei uns keine Möglichkeit auf Beschäftigung – wie wird es dieses Jahr sein? Wir sehnen den Sommer 2021 herbei, in der Hoffnung, mit neuen Regelungen wieder im „alten“ Umfang agieren zu dürfen, denn dies ist ein ganz entscheidender wirtschaftlicher Faktor für unser Unternehmen und unsere Mitarbeiter. 2020 bedeutet für unser Theater, für unser Catering, unser Restaurant und für unsere Ticketfirma, einen wirtschaftlichen Totalausfall.
Wir möchten uns auf unsere Zukunft vorbereiten und alles dafür tun, dass unsere Besucher sicher und gesund ein neues Abenteuer unseres legendären Piraten „Klaus Störtebeker“ erleben können. Dazu brauchen wir Antworten – Unterstützung und Hoffnung. Wir brauchen einen Plan, eine Lösung – einen gemeinsamen Weg. Wir brauchen Sicherheiten, Zugeständnisse und Versprechen. Wir müssen wissen wann. Wir müssen wissen wie. Wir müssen wissen, wie wir eine Chance auf überleben haben. Wir sind eine komplexe Branche, die viele unterschiedliche Gewerke und Spezialdisziplinen in sich vereint und bisher keine zentrale Lobby hat, niemanden der für uns eintritt. Wir brauchen unser Publikum, unsere Befürworter, Kollegen, Vertreter, Sponsoren – unsere Politiker, welche die Geschicke unseres Landes lenken, sie sollten uns dabei nicht vergessen.
Unsere 28. Saison konnte aufgrund der Pandemie, verständlicherweise, nicht stattfinden.
Großveranstaltungen waren und sind weiterhin, untersagt.
Wann werden wir die 28. Saison aufführen und die Geschichte unseres Theaters fortführen dürfen?
Wir sind bereit – „Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen.“ Helft uns dabei! Lasst uns wissen wie!
Lasst uns Zukunftspläne schmieden – denn dieser Zustand des Ungewissen ist kaum mehr zu ertragen.